Basis zeichnen unterwegs Die Zufriedenheit trägt nicht schwer

Die Zufriedenheit trägt nicht schwer

2020-11-02
Die Zufriedenheit trägt nicht schwer

Eine kleine Tour von Zuhause an den Zürichsee in vier Tagen. Nichts fällt leichter als die paar Gegenstände in Rucksack zu packen und bei dem herrlichen Wetter loszulaufen. Die Coronazeit kann mir egal sein, ich bin alleine unterwegs. Der Spätherbst… es ist eine der schönsten Zeiten zum wandern. Die Temperaturen sind tagsüber angenehm und die Nächte noch nicht zu kalt um draussen zu schlafen.

Dieses letzte Oktoberwochenende wollte ich noch nutzen und bin von Zuhause in St.Pelagiberg aufgebrochen. Mein Weg führte mich zuerst auf den nahe gelegenen Tannenberg mit einem wunderbaren Blick Richtung Alpstein und Bodensee. Ich stand schon sehr oft hier oben, aber heute hat es mich besonders bewegt. Das Ziel liegt hinter den vielen Hügeln, vor den grossen schneebedeckten Gipfeln.

Nach Gossau führt der Weg bergauf und bergab. Unter meinen Füssen raschelt das trockene Laub. Wie ein kleiner Junge pflüge ich mich mit meinen Schuhen hindurch. Erinnerungen an die Kinderzeit. In der Nähe von Degersheim richte ich mir mein erstes Nachtlager ein. Im nächtlichen Wald höre ich Rehe und Waldkauz. Mit diesen Stimmen schlafe ich auch ein und verbringe eine ruhige Nacht.

Am kühlen Morgen schmeckt der Kaffee besonders gut. Die Ruhe und das morgendliche Sonnenlicht lassen in mir wieder von Neuem ein inneres Glücksgefühl und auch eine Dankbarkeit aufkommen.

Das kleine Glück trägt sich nicht schwer, so merke ich mein Rucksack kaum.

Während ich die Landschaft auf mich wirken lassen, philosophiere ich mit mir nach der Essenz des Weitwanderns. Mit dem Zeichnen unterwegs und dem Laufen verbinden sich zwei unterschiedliche Tätigkeiten zu einem Tun für alle meine Sinne. Hinzu kommt die Leidenschaft mich an der Naturbeobachtung zu erfreuen. 

Die Farben vor meinen Augen sind wie ein Potporrie der visuellen Sinnlichkeit. Tiefes Tannengrün wechselt mit zarten hellen Grüntönen ab. Das Gelb der Buchen wechselt in ein rotes Braun und je höher ich steige werden die Äste kahl. Der Herbstwind hat den Bäumen die Farbe genommen und sie vorbereitet auf die kalten Wintertage.

Die Auf- und Abstiege sind teilweise sehr steil. Ich erreiche Brunnadern. Von der Strasse der Wasserfluh höhre ich das durchdringende Dröhnen von einigen Motorrädern.  Die kleine Passstrasse ist beliebt bei Motorbikern. Lichtensteig, das kleine Städtchen an der jungen Thur lädt zum verweilen ein. Ich möchte jedoch bei Tageslicht einen geeigneten Platz finden.  Mein Weg führt weiter in Richtung  des kleinen Ortes Krinau. Unterhalb der Chrüzegg neben einem Bach koche ich meine Nudeln, geniesse das Bier das ich von Lichtensteig mitgebracht habe und vor dem schlafen gönne ich mir ein Stück Schokolade, eine «kulinarische Belohnung» die ich meist dabei habe. 

Auch in dieser Nacht höre ich Rehe und Waldkäuze. Der neue Tag beginnt mit einem Blick in ein leuchtendes, rotes Morgenlicht. Beim Aufstieg zur Chrüzegg kann ich kleine Schwärme von Buchfinken beobachten, die sich an den vielen Bucheckern verköstigen. Das kleine Fernglas habe ich leider zu Hause vergessen.  Gerne hätte ich den einen oder anderen gefiederten Freund näher beobachtet. Der Wind hat merklich zugenommen. Leichter Regen ist für den Tag angesagt. Auf dem Berg belohnt mich ein zauberhaftes, klares Panorama mit den schneebedeckten Gipfeln von Ost bis West.  Der Zürichsee scheint nicht mehr weit.

In Richtung Tal werden die Wälder wieder farbiger.  Aus dem nahe gelegenen Ausflugsort Atzmännig kommen mir ein paar vereinzelte Wanderer entgegen.  Nach Wald werden die Wege breiter und teilweise habe ich Asphalt unter meinen Sohlen.  Auf der letzten Etappe von Rüti nach Uznach sind nur noch wenige  Höhenmeter zu überwinden. Die Wege sind beschaulich, jedoch begleitet mich der Verkehrslärm kontinuierlich.

Die Sonne lässt die Buchen nochmals leuchtend gelb erscheinen und das Rascheln des Laubes lässt den Verkehr auch wieder vergessen. Am frühen Nachmittag besteige ich in Uznach den Zug Richtung nach Hause.  Vier Tage zu Fuss fahre ich in eineinhalb Stunden zurück. Jetzt bin ich mir wieder bewusst, warum ich weitwandere, es entschleunigt mich. Auch in meinem Geist und der  wird gleichzeitig geöffnet.

Details zur Strecke: Länge 87.5 km, Aufstieg 2916m, Abstieg 2777m, Schnitt ohne Pausen 3.9 km/h

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