In der Porträtzeichnung ist für den Künstler meist die Ähnlichkeit mit dem Model von grosser Bedeutung. Die ist in der frontalen Zeichnung oder im Profil mit Übung einigermassen zu erreichen. Ändert jedoch der Zeichner die Position und den Blickwinkel auf sein Model so verändern sich die Proportionen grundlegend. Verkürzungen kommen zum tragen. Die Verhältnisse spielen noch eine gewichtigere Rolle un dem Abbild gerecht zu werden.
Hier kann die Lehre der Perspektive auf höchstem Niveau angewendet werden. Es liegt näher, das Zeichnen mit Vergleichen anzuwenden. Die gesamte Form erfassen und anschliessend Teile der Form eigenständig betrachten und diese zusammen zu setzen wie ein kleines Puzzel.
Eine Möglichkeit ist, ein Foto zu nehmen und mit Stift die Flächen und Linien einzuzeichen und somit zu sehen wie sich die Proportionen verhalten . Beim üben merkt man, dass immer wieder die gleichen Teile Schwierigkeiten bereiten.
Die Einzelheiten des Kopfes
Auge, Nase, Mund und Ohr sind die schwierigsten Teile. Beim Auge wird häufig der Fehler gemacht, dass man den äußeren Winkel nicht weit genug zurücktreten lässt. Ein Anfängerfehler ist meist, dass das Auge zu sehr in die Vorderfläche hinein gesetzt wird. Die Schräge der Verbindungslinie beider Augenwinkel im Verhältnis zur Querachse erkennt man gut in der Ansicht von unten. Auch wird der Abstand des Auges vom Nasenrücken im Profil meist zu klein gezeichnet. Ein weiterer Fehler ist oft der, den Kugelausschnitt des Auges in der Seitenansicht senkecht zu stellen, obwohl er schräg nach vorn geneigt ist. Beim genauen Hinsehen ist die vorgewölbte Hornhaut gut zu erkennen, wenn das Modell bei geschlossenen Augen diese bewegt. Das obere Augenlid ist wesentlich stärker nach oben gekrümmt als das untere, da die Augenwinkel nicht in halber Höhe des Augenausschnittes, sondern etwa auf dem unteren Drittel sitzen. Der Öffnungsgrad des Auges variiert stark. Durchschnittlich wird über der Pupille die halbe Irisbreite vom Lid überdeckt, und der untere Rand der Iris von unteren Lid gerade berührt. Beim Schliessen des Auges hebt sich das untere Lid nur wenig, während das obere sich über die Waagerechte abwärts zum Lidschluss senkt. Die Dicke des Lides wird meist unterschätzt und zu wenig plastisch dargestellt. Wimpern stehen nie regelmässig, Zeichnet man sie zu regelmässig, wirkt die Zeichnung langweilig. Die Augenbrauen dürfen nicht willkürlich gezeichnet werden, denn ihre Breite, Länge und Form sind bei jedem Gesicht verschieden. Bei einer langen Nase rückt die Nasenspitze tiefer und der Nasensattel höher, bei einer kurzen sitzt der Nasensattel tiefer und die Nasenspitze höher. Nasenrücken, Augenbrauen sehen bei Mann und Frau in verschiedenem Verhältnis. Zudem steht bei der Frau die Nasenspitze im allgemeinen etwas höher als beim Mann. Der Abstand vom Nasenflügel bis zur unteren Augenfalte wird bei einer langen Nase oft zu gross gemacht. Auch ist zu beachten, welche Stellen Winkel, Sattel oder Knicke bilden und welche Längen die einzelnen Teile haben, wie die Nasenspitze und wie die Nasenlöcher geformt sind und in welcher Höhe diese im Verhältnis zur Nasenscheidewand sitzen. Am Mund ist die Oberlippe schmaler als die Unterlippe; sie hat zudem in der Mitte eine Vorwölbung. Die Unterlippe tritt im Profil meist gegen die Oberlippe zurück. Die Mundwinkel verlaufen nach aussen schräg abwärts.
Das Ohr kann noch so zart sein, es ist nie so dünnwie Papier. Wie bei dem übrigen Teil des Gesichtes auch, bleibt immer die Grundform erhalten. Das Ohrläppchen kann groß und fleischig und hängend sein oder auch ohne Einziehung in die Kopfhaut übergehen. Die Stirn ist eine feste Knochenform. Beim Kind finden wir betonte Stirnhöcker. Der Mann hat oft ausgeprägte Augenbrauenwülste. Bei der Frau ist sie glatter. Form und Grössen der Einzelheiten müssen immer mit der Grüße des ganzen Kopfes verglichen werden, wie auch die Einzelheiten untereinander. Dabei soll man sich recht häufig seine Arbeit aus grösserer Entfernung ansehen. Haare machten oft besondere Schwierigkeiten. Wenn auch grosse Zeichner wie Dürer einzelne Haare gezeichnet haben, so ist das doch nur für eine sehr minutiöse Darstellungsweise angebracht und zudem nur beim Arbeiten mit einem sehr spitzen Zeichenmaterial möglich. Im allgemeinen muss man die grossen Haarpartien zusammenfassen, denn auch sie bilden plastische Formen. Man muss auch eine Technik finden, die das Stoffliche des Haares gegenüber der Haut wiedergibt.
Monatliches Üben
Jeden vierten Sonntag im Monat trifft sich die Gruppe der Urbansketchers St.Gallen zum Porträtzeichnen in der Fabrik. Wenn jemand Lust hat mitzumachen, der ist herzlich willkommen. Infos unter https://urbansketchers.ch