Der Samstagmorgen ist ruhig. Die Stadt verlasse ich früh. Beim Bäcker, der schon um sechs Uhr öffnet, trinke ich meinen Kaffee. Es regnet. Der Tag erwartet mich wieder unter dem Poncho. Den ganzen Tag gibt es nur wenige Stunden an denen die Himmelsschleusen der grauen Wolken geschlossen bleiben. Dass im geplanten Camping Domizil niemand erreichbar ist, macht das ganze vorerst nicht besser. Kurz entschlossen buche ich eine Pension, jedoch liegen nochmals acht Kilometer im Regen vor mir. Müde von dem Regen, doch ein freundliches begrüsst werden im Falkenhof bei Brex lässt den nassen Tag gleich vergessen. Ein Restaurant gibt es nicht, aber es wird mir Essen und die Küche zur Verfügung gestellt. Die Spagetti schmeckten besonders gut an diesem Abend.
Am Morgen hat die Sonne den Tag wieder in Besitz. Wie Kristalle funkeln die Regentropfen der Nacht auf den Gräsern und Zweigen. Wartend verharrt die Spinne in ihrem noch feuchten nutzschmälernen Netz. In der Ferne rufen Kraniche und über mir fliegt ein Trupp Graugänse.
Heute ist die geplante Route zum Bitschensee. Die Campingplätze sind in dieser Region nicht besonders häufig, für eine Dusche am Laufe ich aber gerne einen Umweg. Mit eineinhalb Liter Wasser waschen ist zwischendrin okay, aber nicht, wenn es den halben Tag geregnet hat und die Schuhe eventuell auch noch nass sind. Die Nacht auf dem kleinen, einfachen und zweckmässigen Bauernhof-Camping ist ruhig und mit acht Euro sehr günstig. Die Sonne weckt mich und die Freude auf einen trockenen Tag ist gross. Weite flache Felder liegen vor mir. Bis Bergenhausen mit Wasser vom Friedhof sind es über 30 Kilometer. Nach dem Dorf wird sicherlich ein Schlafplätzchen zu finden sein. Die kleinen Dörfer, so hat man mir erzählt, haben sich mit kleinen Dorfläden für die Selbstversorgung eingerichtet. So komme laufe ich auch an diesem Tag an zwei solchen kleinen Einkaufsmöglichkeiten vorbei. Früchte und Gemüse unterwegs ist eine willkommene Abwechslung, besonders wenn ich sie nicht weit tragen muss. Vor Bergenhausen, dem bekannten Storchendorf liegt am Kanal ein Badeplatz. Das Bad lädt ein nach dreissig Kilometern unter de Sohlen. Dazu gibt es eine Dusche mit Frischwasser. Hier bleibe ich kurz entschlossen eine Nacht. Mit einigen Badegästen komme ich ins Gespräch, so auch mit Hela. «Ich kann ausch schweizerdeutsch sprechen» sagt sie zu mir. Ich bin überrascht. Nicht dass ich überrascht wäre dass man mir anhört dass ich aus der Schweiz bin, sondern dass ich hier auf eine Schweizerin treffe. Hela ist in Kiel aufgewachsen, die Mutter eine Schweizerin, der Papa aus Norddeutschland. Sie ist Ornithologin, hat in Greifswald studiert und arbeitet hier in einem Naturschutzprojet. Spannend.
Friedrichstadt liegt vor mir, die kleine holländisch geprägte schmucke Stadt. Die letzte Etappen-Station vor der Nordsee. Kleine Kanäle durchziehen die Häuser und Gassen. Mit kleinen Booten kann man diese auch auf dem Wasserweg erkunden. Der Campingplatz liegt am Stadtrand zum Hafen hin. Das Stadtmuseum «Alte Münze» und das Tischlereimusem sind zu erwähnen. Für Interessierte der Handwerkskunst mit Holz ist dieses Kleinod wärmstens zu empfehlen. Die Werkstadt aus den 1880er Jahren ist noch im Originalzustand.
Ich besuche die Buchhandlung Jan Stümpel am Fürstenburgwall. Ausgesuchte Bücher, faszinierendes Töpferarbeiten und Bilder von seiner Frau. In den Räumen des alten Speicherhauses fühle ich mich auf Anhieb wohl. Gemütliche Sitzecken, heimelige Räume, hier könnte ich mich verweilen. Zu gerne würde ich hier Bücher kaufen, doch leider ist Papier viel zu schwer und Bücher zu sperrig.
Von hier aus ist es noch eine Tagesetappe zur Nordsee.